PG Aub
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Aus dem Buch Nehemia (8, 2 - 10)

In jener Zeit brachte der Priester Esra das Gesetz vor die Versammlung;

zu ihr gehörten die Männer und die Frauen und alle, die das Gesetz verstehen konnten.

Vom frühen Morgen bis zum Mittag las Esra auf dem Platz vor dem Wassertor den Männern

und Frauen und denen, die es verstehen konnten, das Gesetz vor.

Das ganze Volk lauschte auf das Buch des Gesetzes.

Der Schriftgelehrte Esra stand auf einer Kanzel aus Holz, die man eigens dafür errichtet hatte.

Esra öffnete das Buch vor aller Augen, denn er stand höher als das versammelte Volk.

Als er das Buch aufschlug, erhoben sich alle.

Dann pries Esra den Herrn, den großen Gott; darauf antworteten alle mit erhobenen Händen:

Amen, amen! Sie verneigten sich, warfen sich vor dem Herrn nieder, mit dem Gesicht zur Erde.

Man las aus dem Buch, dem Gesetz Gottes, in Abschnitten vor und gab dazu Erklärungen,

sodass die Leute das Vorgelesene verstehen konnten.

Der Statthalter Nehemia, der Priester und Schriftgelehrte Esra und die Leviten,

die das Volk unterwiesen, sagten dann zum ganzen Volk:

Heute ist ein heiliger Tag zu Ehren des Herrn, eures Gottes.

Seid nicht traurig und weint nicht!

Alle Leute weinten nämlich, als sie die Worte des Gesetzes hörten.

Dann sagte Esra zu ihnen: Nun geht, haltet ein festliches Mahl und trinkt süßen Wein! Schickt

auch denen etwas, die selbst nichts haben;

denn heute ist ein heiliger Tag zur Ehre des Herrn.

Macht euch keine Sorgen; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.


Predigt zum 3. Sonntag im Jahreskreis


Was wir in der Lesung aus dem Buch Nehemia gehört haben, war eine Art Neustart für Israel.
60 Jahre zuvor, war Israel durch die Baylonier erobert, der Tempel zerstört, und große Teile der
Bevölkerung ins babylonische Exil verschleppt worden. Als die Perser die Macht übernahmen
wandten sie eine neue Politik an: sie wollten, dass die eroberten Staaten autonom und
eigenständig funktionierten, und ruhig auch wohlhabend sein durften, damit sie ordentlich Tribut
zahlen konnten. Also machen sich Esra und Nehemia im persischen Auftrag daran, den
jüdischen Staat neu zu errichten, also Jerusalem und den Tempel wieder aufzubauen, eine
neue Verwaltung zu bestimmen und ein Gesetzbuch einzuführen: nämlich die Thora, die fünf
Bücher Mose unseres Alten Testamentes. Und damit entsteht ein Staat, in dem Glaube und
Gesetz nicht mehr zu trennen ist.
Das Volk weinte, als es die Worte des Gesetzes hörte, hieß es. Es weinte, weil ihm beim Hören
klar wurde, was sie alles falsch gemacht und versäumt haben. Aber Esra beruhigt sie: ab jetzt
ist das Gesetz gültig, ab jetzt darf sich jeder bemühen nach Gottes Geboten zu leben. Jetzt wird
gefeiert, denn die Freude an Gott ist unsere Kraft.
Gut 500 Jahre später wird wieder vorgelesen. Es ist ein deutlich kleinerer Kreis in der Synagoge
von Nazareth. Längst war es Gewohnheit geworden, dass an jedem Sabbat aus der Thora
vorgelesen wird. Jeder war von Kindheit an mit dem Gesetz vertraut.
Die große Frage da war nur: wie ist das Gesetz auszulegen und anzuwenden? Da gab es große
Unterschiede.
Jesus steht fest auf dem Fundament des jüdischen Gesetzes. Er geht "wie gewohnt" am Sabbat
in die Synagoge, er beteiligt sich wie jeder jüdische Mann am Gottesdienst, indem er einen Teil
der Lesung übernimmt. Und er legt die Schrift aus, indem er sie auf sich bezieht: "Der Herr hat
mich gesandt, dass ich den Armen eine frohe Botschaft verkünde und ein Gnadenjahr des
Herrn ausrufe!". Und "heute hat sich das Schriftwort erfüllt!". Das ist auch ein Neuanfang, wie
bei Esra und Nehemia, nur deutlich kleiner. Aber für jeden einzelnen hat es die gleichen
Konsequenzen: Jetzt gilt das Wort Gotters, auch jetzt darf sich jeder wieder neu bemühen nach
Gottes Geboten zu leben. Jetzt beginnt kein neuer Staat, aber das Reich Gottes. Das ist eine
froh machende Botschaft, das ist auch ein Grund zum feiern, so wie wir es jetzt ja auch gerade
tun. Denn die Freude an Gott ist unsere Kraft. Amen.

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