Eine echte Herausforderung!
Abba Poimen wurde etwa 340 nach Christus in Ägypten geboren und zählte zu den ganz großen christlichen Mönchen der Spätantike. Er gehörte zu den sogenannten Wüstenvätern und wird als Heiliger verehrt. Er war sehr weise. Unter anderem wird ihm folgender Spruch zugeschrieben: "Verachte niemanden, verurteile niemanden, verleumde niemanden!"
Klingt einfach, oder? Als ich über diesen Spruch aber einmal genauer nachgedacht habe, fiel mir auf, dass ich dieser Herausforderung alles andere als gerecht werde. Das Verachten, Verurteilen und Verleumden spiegelt sich in jeder Bewertung eines Mitmenschen, der mir nicht sympathisch ist oder der ganz anders denkt und handelt, wie ich es mir vorstelle und für richtig halte. Schnell gibt es da Worte oder Gedanken wie "Der hat sie doch wohl nicht alle!", "Was weiß der schon!", "So ein Idiot!" und Ähnliches. Auch kleine Notlügen, eine etwas andere Darstellung eines Sachverhaltes, das Weglassen oder Hinzufügen nicht realer Begebenheiten zählen meiner Meinung nach dazu. Auch wenn es vielleicht in vielen Fällen harmlos erscheint, so ist es doch irgendwie allgegenwärtig und irgendwie völlig normal, andere zu entwerten und in vorgefertigte Schubladen zu stecken.
Vor vielen Jahren hatte ich einmal eine Beerdigung eines Mannes. Seine Angehörigen sagten mir beim Trauergespräch, dass das Außergewöhnlichste an ihm war, dass er nie schlecht von irgendjemandem geredet hat. Das war völlig ungewöhnlich und absolut auffällig, so auffällig, dass ich es unbedingt erwähnen sollte!
Seitdem stelle ich mich immer wieder einmal der Herausforderung, einen Tag lang nur gut über meine Mitmenschen, die mir begegnen, zu denken und zu sprechen. Es ist eine echte Herausforderung! Probieren Sie es doch einfach einmal aus!
Ihr Diakon Winfried Langlouis